„Zukunft braucht Herkunft“

AKTUELLES
„Ist das Leben so kurz, dass wir keine Zeit für Vergangenes haben?

Das Neue das wir suchen, braucht das Alte, sonst können wir das Neue auch gar nicht als solches erkennen. Ohne das Alte können wir das Neue nicht ertragen, weil wir in einer wandlungsbeschleunigten Welt leben.“

Odo Marquard, Deutscher Philosoph

Neu-Isenburg verfügt mit dem Grundriss des Alten Ortes und der damit verbundenen Historie einer hugenottischen Gründung, über eine besondere städtebauliche Situation. Dieses Erbe wird jedoch vielfach nicht erkannt und ist vielen Bürger sowie Besuchern nicht geläufig. Der historische Stadtkern braucht in der Öffentlichkeit und bei der Kommunalpolitik mehr Respekt und Beachtung. Nach der Corona-Krise wird auch in Neu-Isenburg nichts mehr so sein, wie es einmal war. Doch so ungewiss der konkrete Verlauf aktuell erscheint: die Herausforderungen sind auch als Chance zu verstehen altes Handeln zu überdenken und eine kollektive Reflektion unserer Herkunft als Hugenottenstadt zuzulassen. Im Hinblick auf die Kommunalwahlen 2021 und den Bürgermeisterwahlen ein bedeutsames Thema.

Warum der historische Stadtkern ein Quartier-Entwicklungskonzept braucht.

„Vom Alten Ort zur Neuen Welt“, so heißt das Förderprogramm Stadtumbau, mit dem Neu-Isenburg mit 42 Einzelmaßnahmen die innerstädtischen Mängel im Fördergebiet durch neue städtebauliche Akzente ersetzen will. Doch eine Chancengleichheit unter den Teilräumen im innerstädtischen Bereich besteht nicht, denn der Alte Ort wird abgehängt. 

Die zu fördernden Teilräume im innerstädtischen Bereich: Alter Ort, Fußgängerzone, Bahnhofstraße, Frankfurter Straße bis Kalbskopf und Stadtquartier Süd, werden bei der Maßnahmenplanung und der Zuweisung von Fördergeldern sehr unterschiedlich behandelt. Vor allem die Maßnahmen für den Alten Ort stehen dem formulierten Leitbild: „Stärkung der Identität und Wahrnehmung der historischen Wurzeln“, diametral entgegen. Eine nachhaltige Stadtentwicklungsplanung hat aber das Ziel, die Chancengleichheit von verschiedenen Teilräumen zu wahren; im Sinne des Gemeinwohls. Der Alte Ort braucht deshalb ein Quartiersentwicklungskonzept und ein Förderprogramm, das auf den historischen Stadtkern zugeschnitten ist. Das Förderprogramm heißt „Lebendige Zentren“. So kann daraus wieder ein Ort der Begegnung, des Austauschs und der Identifikation für ALLE Menschen werden.

Das einzige Wahrzeichen das Neu-Isenburg hatte und bis heute hat – soll wiedererstehen

„Der Wiederaufbau des Hugenottenrathauses in Neu-Isenburg dient der Wiederherstellung eine historisch, künstlerisch und städtebaulich wichtigen Kulturdenkmals, das für das Erscheinungsbild der Stadt von großer Bedeutung ist und dessen Rekonstruktion im öffentlichen Interesse liegt.“

Hessisches Landesamt für Denkmalpflege 1977

Mittelpunkt des hugenottischen Gründungskerns war das 1702 erbaute Rathaus, das der gräfliche Baumeister Andreas Löber in seinen Abmessungen auf der Grundlage des Goldenen Schnitts, mit dem Durchmesser des Marktplatzes, dem Brunnen und der umgebenden Bebauung sorgfältig abgestimmt hat. Es war Versammlungsort und diente der Gemeinde ihre Angelegenheiten in Selbstverwaltung zu regeln. Das nur 7 Meter breite und 9 Meter hohe Gebäude mit Uhrtürmchen, war ein zierliches Bauwerk, das in seiner unverwechselbaren Gestalt in Neu-Isenburg nie etwas Vergleichbares hatte. Graf Johann Philipp ließ es auf eigene Kosten erbauen und schenkte es der hugenottischen Gemeinde. Es wäre schon längst die moralische Verpflichtung der jeweils politisch verantwortlichen der Hugenottenstadt gewesen, das kulturelle Erbe, sozusagen das Fundament auf dem unsere Stadtgesellschaft beruht, das Hugenottenrathaus, wiedererstehen zu lassen. Doch die städtebauliche Verwüstung die mit dem Abriss im Jahr 1876 veranstaltet wurde, ist bis heute noch für jeden sichtbar – es ist ein leerer Platz.

Von „alternativen Fakten“ und politischem Gestaltungswillen

Zwischen 1976 und 1997 gab es von Bürgern initiiert, zwei Wiederaufbau-Initiativen die jeweils an der Kommunalpolitik scheiterten. Auch die aktuelle Wiederaufbau-Initiative vom Trägerverein Hugenottenrathaus wurde letztes Jahr von der regierenden Koalition CDU, GRÜNEN, FWG mit „alternativen Fakten“ gestoppt. Doch was ist wahr?

Die CDU Arbeitsgruppe Stadtentwicklung und Verkehr war sich Anfang September 2019 zum Thema Alter Ort einig und sagte: „Eine Bebauung des Innenraums des Alten Ortes ist zur Neugestaltung nicht das richtige Mittel. Eine Belebung und vielseitige Nutzung des Innenraums, wäre mit einem Neubau des alten Rathauses in der Mitte des Platzes buchstäblich verbaut“. Und die GRÜNEN ergänzten zeitgleich: „Dieser Platz ist auch ein Platz der Begegnung für Feste, Feiern, Gastronomie. Eines ist für uns jedoch klar, wir dürfen den Platz nicht verbauen. Eine Replik des Alten Rathauses mitten auf dem Platz steht dieser Zielsetzung entgegen und kommt für uns nicht in Frage. Lieber mit Sachverstand und Einfühlungsvermögen etwas Ganzheitliches planen als irgendeine Idee in die Welt setzen, die der Sache eher abträglich ist.“ So hat die regierende Koalition die Rathausgröße faktisch als Bedrohung dargestellt, mit der die Nutzung des öffentlichen Raums eingeschränkt werden würde. Sind es alternative Fakten oder ist es die Wahrheit? Lesen Sie die Wiederaufbau-Debatte und sehen Sie dort auch die wahre Größe.

Da die Größe des zierlichen Bauwerks überwiegend von der Politik überschätzt wird, hat der Trägerverein Hugenottenrathaus die Größenverhältnisse einmal in Relation zum gerade neu eröffneten Berliner Schloss/Humboldt Form gesetzt. Der Torbogen vom Eingangsportal zum Berliner Schloss hat eine Höhe von 15 Meter. Demzufolge würde das Hugenottenrathaus mit seinen 14,06 Metern problemlos in den Torbogen vom Berliner Schloss passen.

HUGENOTTENRATHAUS NEU-ISENBURG
Wahr-Zeichen. Zeitzeugen der Geschichte

Wahrzeichen beschreiben einzigartige Bauten, die uns als wiedererkennbare Sehenswürdigkeiten in Erinnerung bleiben. Indem sie für ein bedeutendes historisches Ereignis stehen, das Stadtbild oder die Stadtsilhouette prägen oder weithin sichtbar sind, werden sie zum Symbol, zum „Zeichen“ des Ortes.

Diese Bauwerke schaffen Identifikation mit ihrer Umgebung, vermitteln die Werte, die sie einst schufen – und locken heute Touristen an. Doch jedes Denkmal kann zum „Wahr-Zeichen“ werden. Sie sind „wahr“ aufgrund ihrer Rolle als authentisches Zeugnis einer Zeit. Doch was genau bedeutet „wahr“ und welche „Zeichen“ setzt ein Denkmal?

„Wahr“ sind Denkmale in ihrer Rolle als verlässliche und fassbare Monumente und Kulturzeugnisse vergangener Zeiten. Sie spiegeln als Teil unserer Erinnerungskultur authentische Geschichten der Vergangenheit in die Gegenwart.

Auf der anderen Seite setzten Menschen seit jeher mit Bauwerken gezielt „Zeichen“ in ihre Epoche. Das Denkmal weist auf seine Weise weit über sich hinaus. Die Porta Nigra in Trier und das Bremer Rathaus stehen ebenso wie die Frankfurter Paulskirche oder das Holstentor in Lübeck nicht nur für ihre Stadt, sondern auch für die Werte ihrer jeweiligen Entstehungszeit.

Gleichzeitig ist das Thema Wahrheit, das sich im ersten Teil des Begriffs „Wahr-Zeichen“ verbirgt, in Zeiten von zunehmend gefälschten Botschaften immer relevanter geworden. Denkmale stehen mit ihrer originalen Bausubstanz den KI-generierten Bildern der heutigen Zeit gegenüber – sie sind authentische Zeitzeugen und verlässliche Wissensquellen. Diese zu erläutern und Besuchern lesbar zu machen, bietet spannende Ansatzpunkte.

Doch was ist, wenn ein Wahrzeichen einfach durch Abriss von der Bildfläche verschwindet? Geschehen in Neu-Isenburg im Jahr 1876! Das 1702 erbaute Hugenottenrathaus – bis heute das Wahrzeichen der Stadt – ein Denkmal eine Art Landmarke, die Menschen ein Gefühl von Ankommen und Zugehörigkeit vermittelt hat. Am Tag des offenen Denkmals soll das Hugenottenrathaus als Fassade in seiner damaligen Größe zu sehen sein. Die Vorbereitungen sind angelaufen, es sind aber noch bürokratische Hürden zu überwinden.

Die Präsentation zur Zukunft vom Alten Ort

vorgetragen von der Stimme des Vereins Zülfiye Arslan

Diese Präsentation mit Sprache steht jetzt und hier, jedem zum Ansehen und Anhören, zur Verfügung.

Der Trägerverein Hugenottenrathaus hatte dem Magistrat der Stadt

Neu-Isenburg im September 2021 seine Präsentation mit 28 Charts
vorstellen dürfen. Das Besondere – jedes Chart hatte einen individuellen
und erklärenden Text, der von Zülfiye Arslan einer professionellen
Sprecherin, vorgetragen wurde.

STATEMENTS

„Das noch bis heute gültige und einzige Wahrzeichen der Stadt wurde damals wegen Baufälligkeit abgerissen – seitdem fehlt dem historischen Stadtkern seine städtebauliche Mitte.“

Sascha Scherer
Bürger

„Die Wurzeln der Stadt Neu-Isenburg liegen im Alten Ort. Daher ist es wichtig, ja essenziell, den Alten Art Ort als Lebensader lebendig zu erhalten.“

Dieter Sihler
Bürger

„Das Vorhaben des Wiederaufbaus vom Hugenottenrathaus kann ich nur unterstützen, denn es handelt sich um ein hochinteressantes Bauwerk, das vor allem im Rhein-Main-Gebiet nicht seinesgleichen hat und dem Alten Ort sein Herz zurückgeben würde“


Klaus-Peter
Decker
Bürger

„Leider gerät unser hugenottisches Erbe immer mehr in Vergessenheit. Die Zukunft braucht das Alte, sonst können wir das Neue als solches auch gar nicht erkennen.“

Karl-Heinz Zimbrich
Bürger

„Oft fuhren wir mit dem Fahrrädern in den Alten Ort zum spielen. Für uns hatte damals dieser Ortsteil mit seinem Marktplatz eine hohe Anziehungskraft. Leider wirkt unser historischer Ortskern heute auf mich eher leblos.“

Maria Mitseli
Bürgerin

„Lehrer Weisenberger hat uns viel über das Alte Neu-Isenburg und die Geschichte der Hugenottenstadt erzählt. Anfang der 60er Jahre waren noch viele historische Gebäude erhalten, andere fielen der Neubauwut zum Opfer.“

Norbert Heller
Bürger

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